Jasra, Renadorn und ich stehen also mitten auf dem Dorfplatz, und der Jahrmarkt tobt um uns herum. Um nicht noch mehr aufzufallen tut man, trennt man sich einigermassen sporadisch: Jasra zieht nach links, ich und Renadorn nach rechts und auf eine ueberladene Kneipe zu, bei der wir beide ein Zimmer freigemacht bekommen. Ich ziehe mich zurueck und stelle erfreut fest, dass Magie hier funktioniert, und beginne, meinen Ledermantel ein bisschen robuster werden zu lassen.

    Als ich damit fertig bin hinterlasse ich dem bereits ausgeflogenen Renadorn eine Nachricht und mische mich unters Volk. Irgendwo gibt es hier ein Schloss, dessen Herrscher unwichtig zu sein scheint, aber die rothaarige Frau, die auf zahlreichen Amuletten abgebildet ist, koennte...? Nun, sie ist die Goettin der Weisheit und bla, und ich kaufe mir mal eines dieser Amulette um es in meine Tasche zu stecken. Gerade als ich bei einer Wahrsagerin Platz nehmen will schaut Renadorn durchs Zelt, und wird herzlich eingeladen, sich unsere Zukunft vorraussagen zu lassen. Selten so viel Spass gehabt in letzter Zeit! Die Dame hat natuerlich von nichts eine Ahnung, und genauso daneben waren ihre Prophezeiungen: Wir werden viele Kinder haben und ein glueckliches Leben fuerhen. Ueber die naehere Zukunft (vielleicht ueber diesen Abend noch) wollte sie keine Aussage treffen. Aber dafuer liess sie ihrem Unmut ueber die Magier dieser Stadt freien Lauf: dass Frauen nicht anerkannt werden und so ein Zeugs. Merlin sei ein grossen Magier, aber er ist krank und wird gerade gepflegt. Dalt und Marla scheinen ihr unbekannt. Egal.

    Draussen kontaktiert mich der nachgekommene Vincent (warum bin ich nur die einzige, von der er eine Trumpkarte besitzt?!), dass er ein gutes Lokal gefunden hat, wo wir essen koennen. Waehrend wir auf unser Wildbrett warten, erzaehlt er, dass er sich inzwischen mit der oertlichen Diebesgilde angefreundet hat (ihnen nur noch ein paar Beutel Gold schuldet), und dass Fiona tatsaechlich sich als Goettin verehren laesst. Merlin bei Fiona, Marla zu Merlin - das macht Sinn. Aber Dalt? Egal. Das Essen ist ganz passabel, und anschliessend eroertert man, wie man Vincents Schulden besorgen kann. Jasra macht sich rar, also fasst Vincent den Plan, einen reichen Haendler, von dem er gehoert hat, zu bestehlen.

    Dieser soll derzeit im Nobelhotel dieser Siedlung residieren, und wir nehmen uns erst einmal drei Zimmer dort. Vincent uebernimmt es herauszufinden, in welchem Zimmer dieser Lucius abgestiegen ist, und ich schluepf dann in die Zimmermaedchenklamotten, um mit einem Glas Wein dort hinein zu spatzieren und vor den beiden Leibwaechtern, die hier herumlugern, den Inhalt auf Stuhl und Teppich zu verteilen. Mich die Sauerei wieder gut zu machen bemuehend trumpt Vincent mich an und ich hohl ihn und Renadorn im Badezimmer hierher. Sie ertledigen sich der Leibwaechter, dann redet Vincent mir ein, dass ich nun zu dem Haendler ins Schlafzimmer soll und ihm den Mund zuhalten soll. Was hat der Mann nur fuer Vorstellungen? Lucius schlaeft nicht einmal, sondern sitzt, der Tuer den Ruecken kehrend, am Schreibtisch, und begruesst mich mit meinem Namen. Luke.

    Was zum Teufel!? Man begruesst sich, wundert sich beiderseitig ueber die Umstaende dieses Treffens, und die guten Nachrichten Jasra betreffend scheinen ihn nicht wirklich zu interessieren. Dann tritt Vincent in die Tuer und uebernimmt das Gespraech. Was sich damals auf der Schiffsfahrt und bei dem Ausritt mit Marla dezent angedeutet hatte offenbart sich jetzt mit grosser Deutlichkeit: Die beiden Maenner koennen sich ueberhaupt nicht ab. Ich bin immer noch unentschlossen: vielleicht sagt Lucius die Wahrheit: so sauer wie er ueber den Verlust von Marla war, so mag er tatsaechlich eigenstaendig nach ihr auf der Suche sein und - auf welche Weise auch immer - ebenfalls hier gelandet sein. Aber ... ach, ich bekomme Kopfschmerzen davon, wenn ich an die gegenseitigen Anschuldigungen zurueckdenke. Warum muessen meine Verwandten immer so ein Theater machen? Warum immer die Intrigenkeule schwingen? Damit war noch keiner von ihnen wirklich erfolgreich - im Gegenteil: zu viele haben durch solche Egotrips bedingt ihr Leben lassen muessen - zu viele Moeglichkeiten bieten die Schatten sich aus dem Weg zu gehen als permanent gegeneinander zu reiben. Was spricht dagegen, mit Luke zusammenzuarbeiten? So er doch das gleiche Ziel zu haben vorgibt. Und wenn dem nicht so sein sollte, dann kann man ihn so besser beobachten... Aber die Herren verbleiben so, dass Vincent sein Gold bekommt, aber nicht die Trumpkarten, waehrend Luke aus dem Fenster springt.

    Draussen warten Renadorn und Jasra, die hier ebenfalls abgestiegen war, und man beschliesst, dass Merlin jetzt erst einmal Prioritaet ist. Vielleicht mal in der Diebesgilde vorbeischauen? Der Pfoertner dort ist ein elender Giftsack, der uns einfach nicht passieren lassen moechte. Nicht gegen Gold, nicht fuer Argumente, auch nicht fuer Merlin. Wir bearbeiten ihn sicher zehn Minuten und laenger, aber es ist einfach nichts zu machen. Oder? Ploetzlich fragt er, wieso ich so trueb aussehe, ob ich krank waere, und ich nutze die Gelegenheit um noch einmal kraeftig loszujammern, wie wichtig unser Begehren sei, und wir sind drinn.

    Irgendwie muss sich dieser Pfoertner in mich verguckt haben, aber soetwas mag ja hin und wieder mal passieren... Der Meister ist nicht weniger ungehalten ueber unseren naechtlichen Besuch, und ah! Frauen sind hier also nicht erlaubt... *augenverdreh* Typisch, Fi... Also lassen wir Renadorn allein zurueck, aber davor steck ich ihm noch meinen Trump zu, dass er im Notfall schnell Kontakt aufnehmen kann, bzw. wir schnell wieder zusammen kommen koennen, sollte man ihn tatsaechlich zu Merlin vorlassen. Der Grossmagier spricht von uns Frauen nur als Hexen, die sich mit ueblen Tricks hier Eintritt verschafft haben, und als der Pfoertner uns nach draussen fuehrt, lass ich mich mit ihm auf eine Verabredung morgen ein, wenn er denn noch ein paar Informationen ueber Merlin oder sogar Dalt besorgen kann.

    Eigentlich will ich jetzt ins Bett, aber Jasra ueberredet mich noch mit ihr in einer Kneipe ein Glas Wein zu trinken, in der wir zufaelligerweise auch Luke schon sitzen sehen. Er ist sehr besonnen, versucht hoeflich zu sein, und seine jetzige Version, wie er in diesen Schatten gelangte, ist, dass er eigentlich uns (Jasra) gefolgt war, und uns eines Tages in ein Gasthaus hinein, aber nicht mehr herauskommen hat sehen. Beim Nachschauen sei er auf den Jasras Trumpsketch gekommen. Trotzdem macht das alles noch weniger Sinn. Weshalb sollte er uns auf diese heimliche Tour verfolgen? Nur, weil er Vincent nicht traut? Daraus naemlich macht er keinen Hehl, und jetzt bedraengt er uns quasi, ihm bei der Suche nach Merlin zu helfen. Gerne, wenn er denn eine Idee habe, wie man dies in Angriff nehmen wolle. Staendig wiederholt er, dass er unsere Hilfe braeuchte, und wir sofort anfangen muessten, aber eben ohne Plan, und, mal ehrlich gesagt: So lange, wie Merlin nun schon hier sein muss, wird er es hoechstwahrscheinlich auch verkraften, wenn man lieber bedaechtig als blind wuetend vorgeht. Noch dazu an einem Ort wie diesem.

    Renadorn stoesst nach einiger Zeit dazu, hat aber nicht wirklich etwas erreicht. Vincent trumpt mich an, kommt her, und schon greift Luke zu seinem Schwert, so dass Vincent es ihm gleich tut, da ihm sein Leben verdammt lieb ist. Sprachlos seh ich aus einiger Entfernung mit an, wie die beiden miteinander kaempfen, und schuettel innerlich nur den Kopf vor, wieso Maenner immer nur so impulsiv sein muessen. Dann eskaliert die Sache: Vincent bekommt Lukes Schwert in den Bauch gestossen, und ist nun wirklich sauer; sprich: jetzt will er Luke auch fertigmachen, nachdem er bislang nur eher defensiv gekaempft hat. Auch ich ziehe meinen Dolch hervor mit der Absicht den Kampf fuer beide zu beenden. In dem Moment, in dem Vincent seinen Dolch nach Luke wirft, greift ihn von hinten Jasra an, aber der Dolch trifft Luke immer noch, und auch meiner. Damit ist Luke ersteinmal ruhiggestellt und Renadorn kuemmert sich auch sofort um ihn. Jetzt liegen sich aber Jasra und Vincent in den Haaren, und da Jasra gegen Vincent keine Chance haben wird stuerz ich mich dazwischen, halte Vincents Schwertarm fest, und will ihm mit voller Wucht mit meiner andern Hand mit der Faust ins Gesicht schlagen, aber diesen Hautkontakt nutzt er, um mir mir mein Gehirn zu roesten. Scheisse! Aaaaaah... Die naechste Minute winde ich mich erst einmal vor Schmerzen auf dem Boden, und weiss gar nicht so genau, was die beiden bewogen hat, sich doch nicht gegenseitig umzubringen. Aber eins steht fest, Freundschaften sind in diesen letzten fuenf Minuten keine entstanden.